News

Weinbau neu denken

20. Aug 2025

An einer Wanderung und Degustation beim Bio Weingut Lenz in Uesslingen TG wurde dieses Thema vertieft und diskutiert.

Ein wichtiger Aspekt im Weinbau und überhaupt in der Landwirtschaft ist der Boden. Durch die intensive Bewirtschaftung und Verwendung von Pestiziden und Fungiziden hat die Qualität der landwirtschaftlichen Böden gelitten. Der Anteil Humus im Boden beträgt teilweise nur noch 1 bis 1.5%. Das Weingut Lenz verwendet auf 90% der Fläche keine Pestizide und auch keine Fungizide (dazu gehören auch die Bio-Spritzmittel, basierend auf Kupfer und Schwefel). Stattdessen werden Mittel wie Backpulver, Fenchelöl, Brennnesseltee und andere dynamisierte Tees und Jauchen verwendet (dynamisiert nach den Prinzipien der Bio-Dynamie = Demeter). Dadurch bleiben die Mykorrhiza-Pilze im Boden erhalten. Diese unterstützen die Vernetzung der Pflanzen und Wurzeln im Boden. Zusammen mit der durchgängigen Begrünung der Böden ist es so möglich, dass der Humusanteil der Böden wieder zunimmt. Der Boden kann dadurch mehr Wasser aufnehmen und das Bodenleben bleibt aktiv.

Der Verzicht auf Fungizide ist möglich, weil Lenz fast den ganzen Betrieb auf PIWI-Reben umgestellt hat (PIWI steht für Pilzwiderstandsfähig Rebsorten – robust gezüchtete Rebsorten mit Resistenzen gegen Pilz- und andere Krankheiten). In den neu bepflanzten Parzellen hat das Weingut auf grosse Biodiversität geachtet. So wird im Schnitt jede vierte Rebzeile ersetzt durch andere Pflanzen, z.B. Haselnüsse, Obstbäume, Blumen, oder die Fahrgasse wird verbreitert und genutzt für Getreide wie z.B. Hafer. Es wird auch auf Abwechslung der Rebsorten geachtet, nach dem Motto «Monokultur beginnt ab 1000 Rebstöcken der gleichen Sorte auf kleinem Raum.»
Die Biodiversität wirkt sich auch auf das Angebot des Betriebs aus. Es wird ebenfalls divers und vielleicht findet ihr bald das erste Schweizer Demeter Tuttifrutti im Regal bei gust.

Nach dem Wandern besichtigten wir noch den Sämlingsgarten, den das Weingut Lenz in Zusammenarbeit mit dem Züchter Valentin Blattner betreibt. Dieser steht am Hüttwilersee, da es dort sehr feucht ist. Das Ziel ist, die Sämlinge von Neuzüchtungen einem möglichst hohen Pilzdruck auszusetzen. Nur diejenigen Sämlinge/Sorten werden weiterverfolgt, die schadlos gedeihen. Von ursprünglich 600 Sorten sind noch 11 übrig. Valentin Blattner war auch schon bei der Wanderung dabei und hat interessante Hintergrundinformationen weitergegeben. So wurden die ersten PIWI-Rebsorten (früher als Hybridreben oder interspezifische Sorten bezeichnet) in den USA gezüchtet, noch bevor im 19. Jahrhundert der Mehltau nach Europa kam. Züchtungen sind jeweils Kreuzungen von sogenannten Europäersorten (die uns bekannten Pinot Noir, Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon, Merlot etc.) mit Wildreben. Früher war in der Neuzüchtung meist ein Resistenzgen enthalten. In der neusten Generation der Züchtung sind mehrere Resistenzgene vorhanden, die durch Kreuzung von PIWI-Sorten mit Wildreben reingezüchtet wurde. Die Kreuzung wird nach wie vor auf natürliche Weise durchgeführt, nicht durch Genmanipulation im Labor. Pilze sind intelligent und gemäss Blattner finden sie nach ca. 25 Jahren einen Durchbruch durch die Schutzmechanismen, auch von neuen Sorten. Zwei Aussagen von Valentin sind mir geblieben. «Die Rebe ist dankbar, wenn nicht zu viel gemacht wird.» Und «mein wichtigstes Arbeitsgerät ist der Campingstuhl». Gemeint ist, dass der Natur viel Platz überlassen werden kann.

Zum Abschluss des spannenden Anlasses von PIWI CH konnten wir die PIWI-Weine degustieren, die im Vinum (Weinzeitschrift Ausgabe 7/25) Höchstbewertungen mit 93 (Weissweine) bis 96 (Rotweine) Punkten benotet wurden.

Mein Fazit zum «Weinbau neu denken»:

Das Weingut Lenz verfolgt einen spannenden und zukunftsträchtigen Ansatz. Dieser zeigt, dass mit Bio nicht weniger, sondern mehr Ertrag möglich ist und erst noch die Bodenqualität verbessert werden kann. Und generell kann mit wenig Einflussnahme viel erreicht werden.

Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Datenschutzinformationen